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Schweden in der Corona-Krise: Zwischen den Extremen

Unser Nachbar hat sich vergangene Woche einen Jacuzzi in den Garten gebaut, samt Palme und balinesischem Daybed. Die Palme musste aufgrund stürmischen Wetters noch einmal in die Garage. Der Jacuzzi aber wurde ausgiebig eingeweiht. Mit Familie, mit Freunden - oder beidem. Unser Nachbargarten ist jeden Tag voll mit Menschen, die dort etwas zusammen bauen,  zusammen essen und danach zusammen in den Jacuzzi steigen. Ich weiß, das klingt nach Neid oder Spießertum, aber wir stehen auf der anderen Seite der Gartenzauns und schütteln den Kopf. Für unseren Nachbarn und seine Kumpels scheint das Corona-Virus nicht existent oder zumindest keine ernstzunehmende Gefahr zu sein. 

Im Zweifelsfall lieber zu Hause bleiben

 Die Nachbarn aus dem Haus gegenüber dagegen haben wir mehr als drei Wochen kaum gesehen. Ich machte mir wirklich schon Sorgen, denn kurz nachdem sie Anfang März von einer Asien-Reise zurückgekommen waren, gingen sie nicht mehr aus dem Haus. Gelegentlich sahen wir einen der beiden Erwachsenen im Garten oder abends mit dem Hund spazierengehen, offenbar bemüht, auf niemand anderen zu treffen. "Oh je, Corona", dachten wir und ich überlegte, ob ich einen Zettel an die Türe hängen und fragen sollte, ob sie vielleicht etwas bräuchten. Dann trafen wir eines Abends unseren Nachbarn beim Gassigehen. Er berichtete, daß er, seine Frau und die kleine Tochter nach der Rückkehr aus dem Urlaub nacheinander starke Erkältungs-Symptome entwickelt hätten. "Aber eigentlich nichts Corona-typisches". Nur die Tochter habe ein bisschen gehustet. Doch weil hier Schweden nur akut gefährdete Risikogruppen oder Krankenhauspersonal auf das Virus getestet werden, blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich prophylaktisch selbst unter Quarantäne zu stellen. Mehr als drei Wochen lang. Das ist Eigenverantwortung. Die meisten handhaben es lieber so wie die Jacuzzi-Nachbarn: Fest daran glauben, dass einem das Virus nichts anhaben kann. 

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